Nachdem wir in Calafate noch einmal unsere Vorräte aufgefrischt haben, ein Korbmacher mit seinem rollenden Laden steht auf dem Parkplatz,
machen wir uns auf den Weg, Ruta 40 nach Norden. El Chalten mit dem gigantischen Bergmassiv des Fitz Roy ist unser Ziel.
Nach einer Zwischenübernachtung am Rio Santa Cruz
erreichen wir das Trekkereldorado am nächsten Tag.
Leider ist kein schönes Wetter angesagt, aber wir lassen uns nicht entmutigen und starten zur Wanderung zum Aussichtspunkt am „Cerro Torre“, der zweithöchsten Felsspitze im Fitz Roy Massiv.
Unterwegs wird uns klar, daß wir diesen Weg vor neun Jahren auf unserer „3 Wochen Patagonien Rundtour“ schon einmal gelaufen sind. Nur waren wir bis eben noch der Ansicht, dass wir damals zum Aussichtspunkt des Fitz Roy gewandert sind. Spezialisten eben! Andererseits ist es völlig egal, welche Bergspitze man wegen tief hängender Wolken nun gerade NICHT sieht, und so war es damals und auch heute.
Auf dem Rückweg haben wir einen schönen Blick ins Tal auf das gesamte Dorf und im Vordergrund den Wohnmobilstellplatz.
Nach einem völlig verregneten Faulenztag wachen wir mit Sonnenschein auf. Jetzt aber los zum Fitz Roy Aussichtspunkt, dem Richtigen!
Nach 90 Minuten erreichen wir den Mirador und: ER IST DA.
Diese Wanderung hat sich gelohnt. In seiner ganzen Pracht mit Sonne und ohne Wolken sehen wir das Bergmassiv des Fitz Roy.
Wir genießen den Ausblick für lange Zeit, dann wandern wir mit einem Abstecher über die Laguna Capri heimwärts.
Zurück auf der Ruta 40 geht es weiter nach Norden. Unterwegs sehen wir wie fast immer viele Guanakos und ein ganzes Rudel (sagt man das bei Vögeln?) halbwüchsiger Nandus die gegen sonstige Gewohnheiten nicht sofort Fersengeld geben als MANni angeschnauft kommt.
Am Abend finden wir in einer Kiesgrube in der schon ein MAN aus Holland parkt, ein windgeschütztes Plätzchen und wir können mit dem Pärchen aus unserem Nachbarland noch eine Weile draußen Reiseinformationen austauschen.
Die „Cuevas de los manos“, die „Höhlen der Hände“, erreichen wir über eine ziemlich abenteuerliche Piste am nächsten Tag. Diese Grotten mit ca. 5000 Jahre alten Felsmalereien liegen auf halber Höhe in einer traumhaft schönen Schlucht der Rio Pinturas.
Auf einem ca. 90 minütigem Rundgang sehen wir Abbildungen von Jagdszenen mit Guanakos, Eidechsen, vielen Fantasiegebilden, hier sind eigene Ideen gefragt, und viele, viele Hände, die fast alle in „Negativtechnik“ gemalt wurden. Einfach Hand auf die Wand legen und rundherum Farbe pinseln.
Es gab sogar eine Hand mit sechs Fingern, es heißt wohl heute „Künstlerische Freiheit“.
Zurück zur Ruta 40 nehmen wir eine andere Strecke die in weit besserem Zustand scheint als der Hinweg. Leider hört die Freude nach 15 km plötzlich auf als wir vor diesem Gefälle stehen und, noch schlimmer, sehen, dass es auf der anderen Seite noch steiler bergan geht.
MANni braucht wirklich den allerkleinsten Gang, um diese Steigung zu passieren. Einen PKW, der am steilsten Stück nicht mehr vorwärts konnte, musste er dabei auch noch umrunden. Eine solche Streckenführung haben wir in den gesamten 5 Jahren noch nicht gesehen.
Wir kommen nach Perito Moreno, dem vorerst letzten Ort in Argentinien, da wir morgen wieder einmal nach Chile einreisen möchten. Die „Carretera Austral“ wartet und es wird unaufhörlich Herbst hier in Patagonien.
Kurz vor der Grenze campen wir noch einmal an toller Stelle direkt am Ufer des Lago Buenos Aires
und reisen am nächsten Morgen problemlos und entspannt nach Chile ein.
Nachdem wir uns in Chile Chico mit frischen Lebensmitteln eingedeckt haben (frisches Obst bzw. Gemüse oder Fleisch ist bei der Einfuhr bekanntlich verboten) nehmen wir die fast 120km lange Schotterstrecke in Angriff, immer entlang am Südufer des Lago General Carrera, sie endet auf der Carretera Austral. Wir waren gespannt, aber so abenteuerlich hatten wir uns die Streckenführung nicht vorgestellt.
Wegen des schlechten Zustandes der Piste kommt eine Geschwindigkeit jenseits der 25kmh nicht in Frage, sodass auch ich als Fahrer ein wenig „Sightseeing“ betreiben kann.
Am Südende des Sees, der in Argentinien noch Lago Buenos Aires hieß erreichen wir die berühmte Carretera Austral, die einzige Nord-Süd Straßenverbindung im Süden von Chile.
Auch hier werden MANni und Besatzung ganz schön durchgerüttelt, Schlaglöcher und Wellblech wohin man auch lenkt :-).
Kurz vor dem Dorf Puerto Rio Tranquilo überqueren wir eine Hängebrücke, auf der sich immer nur ein Fahrzeug befinden darf. Na ja, zumindest für Gegenverkehr wäre da auch nicht viel Platz.
Mitten im Dorf zweigt eine ca. 80km lange Schotterstraße in das „Valle Exploradores“ ab. Noch nicht durchgerüttelt genug vom Vortag nehmen wir am nächsten Morgen diesen Weg in Angriff. Unser Ziel ist die kleine Farm mit B&B sowie Camping und Restaurant „Campo Alacaluf“ der Deutschen Katrin und Thomas.
Wenn es überhaupt möglich ist, ist diese Piste noch um einiges schlechter als ihre Vorgänger der letzten Tage. Die Hälfte der Strecke zockeln wir im Schritttempo, den Rest mit rasanten 10-15 Stundenkilometern. Das Tal selbst jedoch ist traumhaft schön, Seen, Bäche, Wasserfälle und Urwald wechseln sich ab und ab und zu taucht aus den Wolken einer der riesigen schneebedeckten Gipfel oder ein Gletscher auf.
Am späten Nachmittag erreichen wir die Farm von Katrin, Thomas und Töchterchen Daniela. Wir bleiben für die Nacht und sitzen, während wir uns ihre Auswanderergeschichte anhören, bei leckerem Rinderbraten und selbstgemachtem Kräuterlikör lange bei den Dreien im Haus.
Mit einer Mischung aus Entsetzten und Bewunderung hören wir dass der nächste Zahnarzt in Coyhaique, 250km entfernt ist. Die Familie scheint die Einsamkeit zu genießen, für uns wäre das jedoch auf Dauer nichts.
Am nächsten Morgen ist es wolkenverhangen und regnet. Laut Vorhersage bleibt es den ganzen Tag und auch morgen so. Wir streichen die geplante Gletscherbesichtigung, sehen würden wir doch nichts, und fahren oder besser zockeln zurück zur Carretera Austral.
Am nächsten Tag, der Wetterbericht hatte leider Recht, klappern wir über schlimme Waschbrettpiste nach Villa Cerro Castillo. Der Fluß neben der Straße steigt bedenklich an und an einigen Stellen ist die Fahrbahn schon überflutet.
Bevor es schlimmer wird steigt die Carretera aber in die Berge und der Regen lässt langsam nach. Am späten Nachmittag erreichen wir das kleine Dorf „Villa Cerro Castillo“ zu Füßen des gleichnamigen Bergmassivs.
Direkt an der Hauptstraße gibt es ein aus mehreren alten Bussen gebautes Restaurant, das zwar im Moment keine Gäste hat, dafür aber diesen „Hungerleider“ der von draußen die ganzen Leckereien bewundert.
Die Wolken verziehen sich langsam und wir können von der Dorfplaza die Felszacken des Cerros sehen.
Kurzerhand übernachten wir am Dorfplatz und um 7:00Uhr am Morgen haben wir bei blauem Himmel wieder einmal ein wenig „Alpenglühen“.
Jetzt ist die Carretera Austral für mehrere Hundert Kilometer asphaltiert. Eine Wohltat für MANni und uns. Lautlos, so kommt es uns vor, kurven wir auf über 1000m Höhe zum Camping „Laguna Chiguay“ im Nationalpark Cerro Castillo. Die Saison ist schon lange vorbei und wir sind die einzigen Gäste. Der Ranger versorgt uns mit einer Menge Feuerholz, wahrscheinlich hat er ein schlechtes Gewissen weil er das Trinkwasser und damit die heißen Duschen nicht zum Laufen bekommt. Wir frönen wieder einmal unserem Hobby: Zündeln!
Vorher erkunden wir auf einer kleinen Wanderung von knapp 2 Stunden die Umgebung und haben vom höchsten Punkt einen schönen Ausblick auf die Lagune und die Carretera.
Nördlich von Coyhaique sind wir leider viel zu schnell am Ende der Asphaltstraße und mit abenteuerlichen Serpentinen und grotesken Steigungen und Gefällstrecken oft jenseits der 20% erreichen wir den Ceno Queulat, einen Fjord des Pazifiks, der meilenweit ins Landesinnere vordringt.
Wir quälen uns durch eine Riesenbaustelle von ca. 15km Länge und, wenn überhaupt möglich, ist diese Piste noch schlechter.
Der Ausblick über den Fjord entschädigt aber für das Gerüttel und zum Abend erreichen wir Puyuhuapi, ein von sudetendeutschen Auswanderern 1935 gegründetes Dorf, dessen Baustil noch heute die Hand der ersten Siedler trägt.
Im ganzen Dorf wächst eine rhabarberähnliche Pflanze, deren Blätter atemberaubende Ausmaße annehmen.
Am Ufer dümpeln bzw. vermodern viele der kleinen bunt lackierten Fischerboote,
die jahrelange Baustelle bringt besser bezahlte Arbeitsstellen, und die Dorftankstelle hat mit ihren hypermodernen Zapfsäulen im „gediegenen“ Ambiente etwas surrealistisches an sich.
Auf unserem weiteren Weg nach Norden wird die Straße etwas besser und wir bekommen bei über 30kmh einen Geschwindigkeitsrausch. Die Nächte werden kälter und morgens bringen die ersten Sonnenstrahlen die Wiesen zum dampfen.
Wir fühlen uns wohl in dieser absoluten Einsamkeit. Jeden Abend finden wir ein schönes Plätzchen, meist an einem See oder Fluss
und landschaftlich bleiben auch keine Wünsche offen.
Bei Futaleufú wechseln wir nach fast 1000km auf der Carretera Austral und ihrer Seitenstraßen nach Argentinien hinüber und fahren durch den Nationalpark Alerces. Leider sind alle Wanderwege und Campingplätze wegen diverser Waldbrände gesperrt. Auf einem einzigen Platz im Park dürfen wir übernachten und beobachten die über den See ziehenden Rauchschwaden.
Am Tag darauf erreichen wir El Bolson. Auf dem Campingplatz der kleinen Privatbrauerei waren wir schon letztes Jahr zum Oktoberanfang. Jetzt, nach einem halben Jahr und 10.000km später, schließt sich der Kreis und unsere Rundreise durch das südlichste Südamerika ist beendet. Wir werden ein paar Tage auf diesem Platz bleiben, MANni braucht bald neue Reifen und das ist mit viel Suche im Internet und Schreiberei verbunden.
Aber darüber schreibt Martina sicher nächsten Monat.
Fazit: Spätestens auf der Carretera Austral lernt man das Reisen im Schneckentempo!
Reiseroute: