Der Flieger landet in Seattle am 4.April pünktlich um 11:15Uhr. Die Dame bei der Einreisekontrolle nimmt es mal wieder ganz genau. Warum möchten wir für ein halbes Jahr in die USA? Wo wollen wir zuerst hin? Wie wollen wir das bezahlen? Was haben wir beruflich gemacht? Haben wir ein Rückflugticket? Nach 11 Stunden Flug können solche Fragen schon einmal nervig sein, aber … ruhig bleiben … wir möchten die Dame ja nicht verärgern. Nachdem Sie auch noch die Rechnung für MANnis Abstellplatz in Seattle gesehen hat, gibt es den Stempel und wir dürfen bis zum 3.Oktober in den USA bleiben. Nur noch unser Gepäck auflesen, aber das ist nicht so einfach, weil das vierte Gepäckstück nicht gefunden werden kann. Endlich, nach einer knappen Stunde Warten taucht es doch auf. Es lag noch im Airbus und warum? Nicht gefunden weil es die gleiche Farbe hat wie der Boden des Gepäckraumes. Fazit: Nie Koffer oder Taschen in grau verwenden. Allerdings ist Vorsicht geboten, vielleicht kleidet ja Boeing seine Maschinen rot aus? Oder jede Airline macht das anders? Also doch vor jeder Reise nachfragen, besser ist besser!
Wir verlassen fluchtartig den Flughafen und quetschen uns samt unseren Gepäckmassen in ein Taxi. 20 Minuten später sind wir bei MANni – endlich wieder zu Hause. Der letzte Stein fällt uns vom Herzen als klar ist, daß MANni die 3 Monate unversehrt überstanden hat. Die nächsten Stunden und auch der nächste Tag vergehen mit aus-, um-, auf- und einräumen.
Danach machen wir uns auf zum Mount St. Helens State Park. Schon von weitem ist der weiße Bergriese, oder besser gesagt seine Überreste, zu sehen. 1980 ist seine Spitze bei einem Vulkanausbruch buchstäblich explodiert. Seither fehlen ihm 400m seiner ehemaligen Höhe.
In Serpentinen geht es immer weiter hinauf. Hier oben ist noch tiefster Winter und der Schnee liegt meterhoch, dafür werden die Ausblicke auf den Berg immer gigantischer. Unvorstellbar sind die Kräfte, die damals aus dem Vulkan dieses, an einen faulen Zahn erinnerndes, Gebilde geformt haben.
Ganz am Ende der Straße entdecken wir ein deutsches Reisemobil. Es ist Volker aus Bayern, der mit seinem Toyota von Buenos Aires herauf unterwegs ist.
Sein nächstes Ziel ist Alaska. Klar, daß es einiges zu bereden und auszutauschen gibt. 2 Stündchen später starten wir nach Süden, Volker möchte hier oben übernachten.
Wir erreichen die Küste Oregons bei Fort Stevens. Das Wetter ist nicht besonders aber der Strand ist sehr schön und einsam, so daß wir zum Wrack eines 1907 gestrandeten Segelschiffes wandern.
Die nächsten Tage verbringen wir auf dem sehr schönen und erfreulicher Weise ziemlich leeren State Park Campground Nehalem Beach. Das Wetter bessert sich und wir können eine Menge Sachen erledigen. Der neue Boiler wird eingebaut, die Hupe wird repariert, ein Hinterrad gewechselt (keine Bange, nur Routine – kein Plattfuß) und die neuen, zusätzlichen Leselampen werden montiert. Außerdem gibt es jetzt im Wohnraum 2 Ventilatoren, die Hitze kann kommen. Während ich schraube ist Martina fleißig bei der Brennholzsuche, so daß am Abend nach einer kurzen Strandwanderung das erste Lagerfeuer des Jahres gezündet werden kann.
Im weiteren Verlauf der Küstenstraße 101 kommen wir nach Tillamook, der selbsternannten Käsehauptstadt der USA. Natürlich hat die größte Käsefabrik am Ort auch einen Werksverkauf mit Probiermöglichkeit, die wir so ausgiebig nutzen, daß wir unser mittägliches Picknick ausfallen lassen.
Wir versuchen uns als Käseauslieferungsfahrer, besichtigen die Fabrikationshallen und zum Abschluß noch den unumgänglichen Souvenirshop.
Die Schönheit und Erlesenheit der Exponate macht überdeutlich: Ja, wir sind zurück in den Staaten!
Südlich von Tillamook biegen wir für ca. 25 Meilen von der 101 ab und folgen dem „3 Capes Scenic Byway“, einer kleinen Straße, die sich an drei Caps vorbei schlängelt. Zuerst das Cape Meares mit einem schönen Leuchtturm und bizarren Felsformationen.
Danach geht es zum Cape Lookout, leider total verregnet, und zu guter Letzt zum Cape Kiwanda. Wenn man dort an den Strand möchte, hat man aber erst einmal eine Weile mit der Gebrauchsanweisung zu tun.
Zurück auf der 101 erreichen wir das wirklich sehenswerte Cape „Yaquina Head“, diesmal kein State Park, sondern eine „National Site“, hier gilt unser Nationalpark-Jahres-Paß (glauben wir). Wir finden es sehr verwirrend, daß es einmal State Park, dann State Forest oder National Forest, mal National Park oder National Recreation Site heißt. Ständig rätseln wir ob wir den richtigen Paß haben oder ob wir etwa für das Parken am Strand bezahlt müssen (sogenannte „day use fee areas“). Gerade wenn man glaubt es verstanden zu haben taucht ein County Park oder eine Federal Side auf. Jeder will Gebühren und für fast alles soll es einen Jahrespaß geben, wobei völlig im unklaren bleibt, wo wir diese Pässe erstehen können, was sie kosten und wo sie gelten. Wir beschließen ab jetzt immer unseren Nationalpark-Jahres-Paß vorzuzeigen und den dummen Touristen zu spielen.
Nach der Leuchtturmbesichtigung wandern wir in die kleine Bucht hinunter (nicht ungefährlich, über uns kreisen schon die Geier J ) und entdecken ein ganzes Rudel Seehunde, die alle ein Sonnenbad nehmen.
Von hier aus ist es nicht mehr weit bis Newport, einem kleinen Fischerstädtchen mit einer niedlichen Altstadt.
Sogar ein paar Seelöwen liegen am Pier und dösen in der Sonne.
Nach einer weiteren Übernachtung auf einem der vielen State Park Campings erreichen wir mit dem Cape Perpetua das mit über 200m höchste Cape an der Oregon Küste. Wir machen eine Wanderung und genießen den Weitblick.
Bevor es jetzt für mehrere Tage in die Oregon Dünen geht legen wir im Örtchen Florence noch eine Versorgungspause ein und entdecken dieses urige Steakhouse.
Direkt südlich des Ortes beginnt die „Oregon Dunes National Recreation Area“. Ein über 40 Meilen langes Dünengebiet an der Küste. An mehreren Stellen darf man mit Offroad-Fahrzeugen dort hinein und manchmal sogar campen. Das Wetter für die nächsten Tage soll toll werden, also hinein ins Vergnügen. Direkt die erste Abfahrt von der 101 ist goldrichtig. Hinweisschilder Sand Camping. Überall röhren die ATVs, Quads und Geländemotorräder an uns vorbei und leider…Schilder über Schilder, fast wie am Strand von Cape Kiwanda. Zum Glück gibt es einen Host, ein freiwilliger Mitarbeiter der hier zuständigen Förster. Wir fragen nach was wir für das Dünencampen brauchen und die nette Dame begutachtet unseren MANni, meint wir wären „well equiped“, erklärt uns noch wie wir die 10$ pro Nacht zu bezahlen hätten und weist uns den Weg zu den Übernachtungsplätzen.
Der Sand ist toll zu befahren, kein Vergleich zum Strand von Cape Cod, und nach 10 Minuten haben wir schon ein Superplätzchen gefunden.
Tisch und Stühle raus und erst mal picknicken. Leider währt die Ruhe nicht lang. Drei sehr offiziell aussehende Quadfahrer kommen angebraust. 2 Sheriffs und ein Förster, weil die Dünen zum „National Forest“ gehören. Wir haben keine „Red Flag“ am Auto und er zeigt uns die entsprechende Bestimmung. Alle Fahrzeuge in den Dünen müssen zur besseren Erkennung einen roten Wimpel in 3 Metern Höhe angebracht haben. Aha, deshalb haben die Quads alle diesen „Fahnenmast“ am Heck, aber wie soll ich am 3,50m hohen MANni in 3m Höhe einen Wimpel anbringen und, wer auch immer MANni übersieht, sieht er ihn besser mit diesem Wimpelchen? Leider ist aber damit die Anzahl unserer Vergehen noch nicht beendet. Der Offroad-Sticker, wo ist der Offroad-Sticker? Ich weiß nix von Stickern und stelle mich dumm. Offiziell heißt das Ding ATV-Permit werden wir belehrt und man kann es im Ort für 10$ kaufen. Upps, wir dachten ein ATV Permit braucht man zum Betrieb von ATVs, aber nicht von Wohnmobilen, außerdem hat uns der Host von alledem nichts gesagt. Wir hätten halt die Schilder lesen sollen. Erst unsere Entschuldigung mit schlechtem Englisch besänftigt den Förster, so daß wir bleiben können und erst beim nächsten Mal Sticker und Wimpel mitführen müssen. Gerade holen wir erleichtert Luft, da fällt des Offiziellen Blick in unser Auto. Ist das etwa Wein, was er da unter dem Tisch stehen sieht? „Ja klar“ sage ich, „gerade im Ort gekauft“. Das geht jetzt aber gar nicht mehr. Der Besitz von Alkohol ist auf Sand strafbar! Ich denke kurz jetzt will er mich veräppeln, aber er meint es todernst. Sämtlicher Alkohol muß sofort aus dem Auto, er wird von ihm konfisziert. Wir legen Widerspruch ein und schlagen vor, daß wir in diesem Fall doch lieber auf die Übernachtungen in den Dünen verzichten. Unsere 10$ für die erste Nacht sind wir dann los, aber der Rotwein war deutlich teurer, der Stellplatz dann doch nicht so schön und der Spaß ist uns sowieso vergangen. Nach einigem Bitten und betteln ist der Förster zu diesem Kompromiß bereit und erklärt uns freundlich, 10 km weiter südlich gäbe es einen asphaltierten Platz in den Dünen, auf dem man übernachten darf, und zwar mit Alkohol. Etwas benommen torkeln wir zu MANni. Was ist bloß aus der großen Freiheit in Alaska oder im Yukon geworden!
Eine halbe Stunde später haben wir den asphaltierten Platz erreicht und genehmigen uns ein Tröpfchen. Ob das die ganzen Amerikaner, die hier ihre Wohnwagen stehen haben und mit ihren Quads usw. in die Dünen starten wohl auch so machen? J
Wir wandern zum einsamen Strand, traumhaft glatter Sand mit privater Sitzbank direkt am Wasser und bestem Blick auf eine Horde Robben, die sich keine 100m entfernt auf einer Sandbank sonnen.
Mit der Welt wieder im Reinen gehen wir nach 2 Stunden zurück und starten das obligatorische Campfire.
Weiter geht es die Oregonküste entlang nach Süden. Der nächste Stopp gilt dem Umpqua Lighthouse.
Von hier oben soll man sehr gut vorbeiziehende Wale beobachten können … leider nix zu sehen, bleiben wohl lieber im wärmeren Kalifornien. Dafür gibt es beim Campingplatz Host endlich mal ein richtiges Dünenvehikel zu sehen, einen alten Dune Buggy. Mit dem würde ich auch gerne mal über die Sandpisten braten J .
In Winchester Bay, einem kleinen Fischerdorf, versuchen wir erfolglos frischen Fisch zu kaufen. Gerade, als wir wieder starten, kommt, wie schon so oft, ein begeisterter junger Mann auf uns zu. Nach dem üblichen „What is it? Never seen something like this! Are you part of the Paris-Dakar?“ fragt er uns was wir in diesem Nest suchen und erklärt „My boat just came in, caught Salmon!“ Sofort läuft er los um seinen Boß zu fragen. Wir folgen ihm mit MANni zum Anleger und verhandeln mit dem Captain. Zu guter Letzt bekommen wir Super- Lachs zu einem fairen Preis. Allerdings darf der Fischer aus uns unbekannten Gründen keine Ware privat verkaufen und so bekommt das Ganze etwas von der Sesamstraße. Der Captain kommt zu unserem Auto, direkt an der Tür öffnet er die Jacke und (der Spion der Sesamstraße würde jetzt sagen: „Ich hab E`s dabei, aber psssssst“) transferiert den Fisch direkt in MANni. Die konspirative Geldübergabe läuft ebenso geheim ab. Haben wir jetzt Fisch oder Kokain erstanden?
Ein Blick in die Tüte sagt:
Die erste Portion lassen wir uns gleich am Abend so richtig schmecken, der Rest wird eingefroren.
Am nächsten Tag machen wir noch einmal einen Abstecher in die Dünen (zu Fuß!) und erreichen abends Coos Bay.
Dies ist für uns der letzte größere Ort vor der kalifornischen Grenze. Da es in Oregon im Gegensatz zu Kalifornien keine Mehrwertsteuer gibt, kaufen wir noch einmal groß ein und suchen außerdem eine LKW Werkstatt. MANni hat schon seit langer Zeit ein kleines Problem mit ausgeschlagenen Federhaltern rechts vorne. Wir haben neue Teile aus Deutschland mitgebracht und die sollen montiert werden. 2 Schrauben los, Stahlplatten ausgetauscht, Schrauben wieder dran – fertig. Selbst bin ich aber zu feige, daher die Werkstatt.
Bei Charlies Truck Service werden wir fündig. Sogar ein wenig deutsch spricht der Chef. Wir kommen sofort dran und nach 4 Minuten ist die erste Schraube los, dann beginnt die Misere. Die 2. Schraube bricht ab und keine Kraft der Welt bekommt den Rest aus dem völlig verrotteten Federauge. Also das Auge muß auch raus, nicht schlimm, wir haben einige dabei. 2 Stunden später und unter Einsatz von 10kg Hämmern und Schweißgerät hat sich dieses blöde Gummilager noch immer nicht bewegt. Schon längst hat sich meine Position vom Zuschauer zur Hilfskraft gewandelt und nationsübergreifend liegen Charlie und ich unter MANni. Wir beschließen, dieses störrische Gummilager auszubohren, was nach einer weiteren Stunde klappt. Nur noch das neue Teil hinein, aber denkste, die Buchse hat durch das Ausbohren Schaden genommen und das neue Federauge weigert sich. Mittlerweile ist es 19:00Uhr und Charlie macht Feierabend. Wir richten uns in seiner Werkstatt häuslich ein und kampieren „Indoor“. Leider beginnt es zu regnen und durch das überall undichte Dach tropft es auf MANni. Direkt über dem Bett: Pock, pock, pock pock. Das hält kein Mensch aus. Erst ein Schwamm genau an der Auftreffstelle bringt etwas Ruhe.
Am nächsten Morgen begreifen wir jetzt auch endlich, warum überall auf dem Werkstattboden gelbe Kringel aufgemalt sind:
Hier kommen bei Regen überall Eimer hin!
Um 8:00Uhr geht es wieder los. Charlie hat ein spezielles Schleifgerät für die Buchse mitgebracht und nach weiteren 4 Stunden ist MANni wieder fahrbereit. Uff, das hat mal wieder Nerven gekostet, aber wie froh bin ich, es nicht irgendwo auf einem Campingplatz selbst versucht zu haben.
Wir verabschieden uns von Charlie und verschwinden schnell auf den nächsten State Park an der Küste.
Martina geht am Strand einer herrlichen Bucht spazieren und ich leg mich hin. 10 Stunden Autoschrauberei sind wirklich nichts mehr für mich!
Der nächste Tag bringt uns zum Simpson Reef, wo wir hunderte Seelöwen, Robben und ein paar See-Elefanten faul auf dem Strand liegen sehen.
Kurz vor der Grenze zu Kalifornien bleiben wir einen Tag im schönen Cape Blanco State Park. Das Wetter meint es ausnahmsweise richtig gut mit uns und wir machen eine Fahrradtour zum Strand. Es ist Ebbe und wir hoffen auf ein paar Seesterne als uns plötzlich ein ganz anderer Geselle über den Weg oder besser über die Klippen läuft. Ein „Bandito“!
Unsere erste Waschbärsichtung. Auf jedem Campingplatz sollen sie eine Plage sein aber wir haben noch keinen zu sehen bekommen. Und jetzt, naß vom Pazifik turnt er über die Klippen und haut sich den Bauch voll Schalentiere. Angst kennt er nicht, so daß wir ihn bei einsetzender Flut noch einmal auf dem Trockenen beobachten können.
Wir setzen unsere Radtour auf dem Strand fort und sind mit kurzem Umweg am Leuchtturm vorbei erst drei Stunden später wieder zu Hause.
Die letzten beiden Apriltage verbringen wir im „Samual H. Boardman State Scenic Corridor“, das südlichste Stück der Oregonküste und in unseren Augen auch das Schönste. Wir finden einen Übernachtungsplatz und machen mehrere kurze Strandwanderungen.
Morgen erreichen wir Kalifornien, aber das ist der erste Mai und in diesem Monat berichtet Martina.
Von mir nur noch ein paar unkommentierte Küstenbilder, sie sind einfach zu schön um sie weg zu lassen.
Fazit des Monats: Viel schöner Strand und Küste aber auch viele Regeln, Verbote und Gebühren!
Reiseroute: