Wir entschließen uns für den Rückweg durch Nevada wieder den Highway 50 zu nehmen.
Er führt uns von Ost nach West durch das gesamte „Great Basin“. Es ist fast kein Verkehr und wir können die traumhafte Landschaft im Bummeltempo genießen. Für die Übernachtungen finden wir die kostenlosen oder sehr günstigen National Forest Campings wie auf dem Hinweg fast leer vor.
Der in Colorado und Utah geltende „Fire Ban“, das Verbot von jeglichem offenen Feuer im Freien ist hier in Nevada aufgehoben. Klar, daß wir jeden Abend ein „Campfire“ haben. Holz finden wir genug, unsere vom Feuerverbot gefrusteten Campingvorgänger haben einfach ihren ganzen Vorrat liegen lassen.
Kurz vor der Grenze zu Kalifornien biegen wir noch einmal zum Pyramid Lake ab. Anfang Juni hatte er uns mit einem mächtigen Sturm vertrieben, jetzt zeigt er sich von seiner besten Seite. Wir finden ein einsames Plätzchen direkt am Strand und richten uns ein, genießen einen schönen Sonnenuntergang während auf der anderen Seite zeitgleich der Mond aufgeht.
Unser Feuerholz und Durchhaltevermögen reichen bis weit nach Mitternacht. Macht nichts, außer einem ausgiebigen Außenfrühstück ist morgen nur faulenzen, lesen und für manchen auch baden angesagt.
Wir wollen nicht über eine der Hauptstraßen nach Kalifornien zurück. Dort würde uns die „Inspection Station“ erwarten und wir haben noch viele Pampelmusen und Tomaten dabei, deren Einfuhr verboten ist. Als Alternative schlängelt sich 30 Meilen eine „Dirt Road“ durch die Sierra Nevada. Dort hoffen wir uns ohne Kontrolle nach Kalifornien einschleichen zu können. Außerdem liegt das nächstes Ziel, der „Lassen Volcanic National Park“ in dieser Richtung.
Die „Dirt Road“ macht ihrem Namen alle Ehre und beglückt uns auf der ganzen Länge nicht nur mit viel Staub, sondern mit übelster Waschbrettpiste.
Nach über zwei Stunden erreichen wir eingestaubt und mit Rückenschmerzen, aber im stolzen Besitz unserer Zitrusfrüchte Kalifornien. Hat sich also gelohnt!
Die Weiterfahrt zum Nordosteingang des Lassen Nationalparks verläuft bis auf die letzten 7 Meilen wieder harmonisch und erholsam auf Asphalt, dann gibt es erneut Waschbrettpiste, noch übler als am Vormittag. Wir oder besser MANni kämpft sich durch zum schönen „Butte Lake“ Campingplatz.
Für den heutigen Tag haben wir uns etwas besonderes vorgenommen, wir möchten einen Vulkankegel erklimmen und einen Blick in den Krater werfen. Der „Cinder Cone“ ist um das Jahr 1600 bei einer großen Eruption entstanden. Er hatte also genug Zeit zum Abkühlen und uns wird keine glühende Lava erwarten. Allerdings ist der Aufstieg extrem steil und zusätzlich watet man wortwörtlich durch knöchelhohe Lavaasche.
Hätten wir nicht als leuchtendes Beispiel eine völlig unsportliche Familie vor uns gehabt, wären wir wohl umgekehrt. So kam das allerdings nicht mehr in Frage und der plötzlich auftauchende Kraterrand erschien uns wie eine Erlösung.
Nun hatte mich der Ehrgeiz gepackt und ich mußte auch in den Krater hinunter kraxeln.
Ein sich im Magen ausbreitendes mulmiges Gefühl läßt mich allerdings die Zeit auf dem Kraterboden auf ein Minimum beschränken. Schnell einen kleinen Lavabrocken auf den Hügel gepackt, der von vielen Wanderern aufgeschichtet wurde und den Rückweg angetreten.
Der Abstieg geht schneller und belastet ganz andere Körperpartien, dennoch freuen wir uns schon auf den morgigen Muskelkater. Vorher steht aber noch ein 2 Meilen-Umweg zu den „Fantastic Lava Beds“ an, ein Lavafeld mit unglaublichen Farben.
Wir beschließen den Abend, wie könnte es auch anders sein, mit einem ausgedehnten Lagerfeuer, gefühlte 3 Bäume verheizt.
Für den nächsten Tag ist eine Wanderung auf den ca. 30km weiter im Park liegenden Lassen Peak vorgesehen, immerhin über 3100m hoch, aber wie so oft kommt es anders. MANni springt nicht mehr an, obwohl die Batterien voll sind. Anlasser kaputt? Oder Magnetschalter oder Zündschloß? Nach kurzer Suche ist der Fehler aber schon gefunden. Eine Batterieklemme hat sich auf den vielen Waschbrettpisten gestern gelöst. Leider hat der aus Blei bestehende Pol die dauernde Funkensprüherei nicht gut verkraftet und ist halb geschmolzen. So dauert es fast 3 Stunden, bis ich das Kabel zumindest behelfsmäßig wieder befestigt habe.
Die nächste Überraschung ist jedoch nicht fern. Es brennt weiter westlich im Nationalpark und die Straße zum Lassen Peak ist gesperrt.
Möglicher Weise wird sie morgen aber wieder geöffnet. Gut, wir haben 10 Meilen nördlich die Zufahrt zu einem National Forest gesehen. Dort übernachten wir frei im Wald und hoffen auf den nächsten Tag. Gegen 7:00 Uhr wachen wir auf und es riecht extrem nach Lagerfeuer. Ein Blick nach draußen: Wie Dunst zieht leichter Rauch durch die Bäume. Jetzt bekommen wir doch ein wenig Angst. Hat sich das Feuer über Nacht weiter ausgebreitet? Hier im Wald findet uns ja keiner, der uns warnen könnte. Sofort (sogar ohne Frühstück!) machen wir uns auf den Weg zurück zur Hauptstraße.
Erst als uns das erste Auto entgegenkommt sind wir beruhigt. Diese Straße ist demnach nicht gesperrt. Sehr wohl aber die durch den Nationalpark. Beim verspäteten Frühstück ändern wir unsere Pläne. Wir möchten wieder an die Küste, noch einmal auf den schönen Campingplatz am Westport State Beach. Wir suchen uns die kürzeste Route von Ost nach West, fast ausschließlich Dirt Roads. In Red Bluff, hier wollten wir über Nacht bleiben, vertreibt uns die Hitze mit 40°C um 18:00Uhr. Wir fahren eine weitere Stunde auf einer winzigen Straße in die Berge und es wird angenehm kühl.
Am nächsten Tag erreichen wir den Pazifik und finden einen Platz mit Meerblick.
Wir faulenzen, lesen viel und machen Strandspaziergänge. Fast so wie im Urlaub.
Pelikane in Formation fliegen dicht an uns vorbei, wie wir erfahren werden sie von den Einheimischen „The Mexican Air Force“ genannt, und einer macht Pause direkt neben MANni.
Wir werfen ihm ein wenig Weißbrot zu, aber das verschmäht er. Schmeckt wohl zu wenig nach Fisch.
Sogar einen Wal können wir dabei beobachten, wie er ganz in Ufernähe auf Fischfang geht J .
Auf unserer Reise durch Nordamerika haben wir sehr oft zerschossene Verkehrsschilder gesehen.
Nun erklärt uns ein Campingnachbar, daß das hier so etwas wie ein Nationalsport sei. Er wird vom Fahrer im Vorbeifahren durch das offene rechte Seitenfenster ausgeführt. Was? Wie bitte? „Ja ja“ sagt der Nachbar, der Optik nach übrigens unbedingt ein Mitglied der Südstaatenband ZZ Top der stilecht in einem 70er Jahre „Air Stream“ Wohnmobil reist. Er habe das früher auch immer gemacht. So lang bis er einmal vergessen hat, das Seitenfenster vorher herunter zu kurbeln! Das gleiche sei ihm übrigens auch einmal mit einer Flasche Bier passiert, die er noch schnell vor einer Polizeikontrolle aus dem Fenster werfen wollte. J
Wie das nächste Foto zeigt, treffen sie wohl nicht immer nur Verkehrsschilder.
Wir bleiben über eine Woche, dann müssen wir langsam weiter, es ist Freitag und am Montag hat MANni seinen Termin zur Verjüngungskur. Wir werden mit einem traumhaften Sonnenuntergang verabschiedet und machen uns am Samstag auf den Weg nach Süden.
Bei „Expedition Imports“ in Vallejo ist am Montag morgen schon alles vorbereitet. Es ist Platz auf dem Firmenhof und vier Stützen stehen bereit. MANni wird in Sekundenschnelle mit dem Gabelstapler angehoben (nein, nein, nicht alles auf einmal, jedes Rad einzeln) und aufgebockt. Eine Stunde später ist er seine Räder los. Oh Gott, sieht das furchtbar aus.
Wir bekommen die 6 Reifen auf den Firmentruck geladen und bringen sie selbst zum Reifendemonteur, sowie am nächsten Morgen die rostigen Felgen zu der für das Sandstrahlen und Pulverbeschichten zuständigen Firma. Wir suchen uns eine Farbe aus (Anthrazit metallic) und haben daraufhin frei bis Donnerstag Nachmittag.
Scott Ingham, der supernette Inhaber von „Expedition Imports“, hat uns nicht nur erlaubt, auf dem Firmenhof in MANni zu wohnen sondern auch am Fahrzeug zu arbeiten. So werden nacheinander eine große Inspektion mit Ölwechsel gemacht, Staubschutzabdeckungen für alle Schlösser montiert und ich traue mich endlich daran, das gesamte Armaturenbrett auszubauen um den seit 2 Jahren immer wieder auftauchenden Wackelkontakt zu finden (bin erfolgreich!). Außerdem löse ich schon einmal alle Befestigungsschrauben der Stoßdämpfer. Wir haben vor längerer Zeit in Deutschland neue bestellt und die sollten doch bald eintreffen. Zum Abschluß bekommt MANni noch eine ausgiebige Motor- und Unterbodenwäsche sowie neue Starterbatterien.
Pünktlich am Donnerstag nachmittag können wir die Felgen abholen. Sie sehen richtig gut aus. Wir bekommen vom mexikanischen Vorarbeiter für alle Fälle eine Adresse auf der Baja California genannt, wo sein Bruder Carlos eine Automobilwerkstatt betreibt (natürlich die beste auf der ganzen Halbinsel). Kurz vor Feierabend liefern wir die Felgen beim „Tire Sevice“ ab, der die neuen Reifen schon parat liegen hat. Freitag mittag ist es dann soweit, wir holen die sechs fertigen Räder und machen MANni wieder fahrbereit.
Noch ein Abschiedsfoto mit Scott und seinem Mitarbeiter Brian und „we hit the road again“.
Bis auf unsere Stoßdämpfer, die nun schon mehr als 14 Tage unterwegs sind (die DHL hat die Sendung nicht mehr, die US Post hat sie noch nicht!) hat alles wunderbar funktioniert. Scott wird uns das Paket nachsenden wenn es auftaucht bevor wir in Mexiko sind.
Jetzt geht es über die „Golden Gate Bridge“ nach Süden. Aber wir wollen auch ein Bild von MANni auf der Brücke, also fassen wir folgenden Plan. Am nördlichen Aussichtspunkt für die Brücke halten wir (die Örtlichkeiten haben wir schon vor Wochen bei unserem Frisco Besuch ausgekundschaftet) und Martina fährt mit dem Fahrrad, bewaffnet mit Kamera, bis zur Mitte der Brücke und macht sich bereit.
Dann bekommen MANni und ich über das mitgenommene Walkie Talkie unseren Einsatzbefehl und fahren los.
Wenn man vom Nebel absieht, sind wir mit dem Ergebnis sehr zufrieden.
Etwas schwieriger als erwartet stellt sich allerdings die nachfolgende Familienzusammenführung dar. Ich warte am südlichen Ende der Brücke, nur Martina kommt nicht. So war das aber nicht geplant … und ich stehe auch noch im Parkverbot. Schon beginnt mein Blutdruck zu steigen, da gibt das Funkgerät Gott sei Dank beruhigende Laute von sich. Der Fahrradweg wechselt zum Ende hin unter der Brücke durch und Martina muß erst einen Weg herüber zu mir finden. Puuh, der Blutdruck senkt sich wieder und nach einem Viertelstündchen sind wir wieder vereint.
Wir fahren den Highway 1 nach Süden bis zur Half Moon Bay und bekommen dort auf dem State Beach Camping den letzten freien Platz. Für uns ist`s ok, der Tag war ereignisreich genug und wir lassen bei einem Strandspaziergang und herbstlichem Wetter die Seele baumeln.
Etwas weiter im Süden erreichen wir Monterey. Bekannt geworden ist die Stadt durch den Roman „Cannery Row“ (Die Straße der Ölsardinen) von John Steinbeck. Auch wenn hier schon lange keine Sardinen mehr in Büchsen gefüllt werden hat sich die Straße doch etwas von ihrem alten Fair bewahrt.
Im Hafenbecken tummeln sich Seelöwen, Robben, Pelikane und Seeotter.
Auf der Fisherman`s Warf versucht Martina uns einen Braten zu organisieren. Zum Glück schlägt der Versuch fehl. Mir wäre auch unklar gewesen ob ich den Fang nun wie Geflügel oder wie Fisch hätte zubereiten sollen. Obwohl eindeutig ein Vogel wäre der Geschmack sicher mehr in die zweite Kategorie gegangen.
Das „Ersatzessen“, Gnocchi mit einer Sauce aus frischen Tomaten und Parmesan, gibt es auf dem Campingplatz im Veterans Memorial Park auf einem Hügel mitten in der Stadt. Hier bleiben wir ein paar Tage, denn Monterey hat für uns viel zu bieten. Vor allem das Seewasseraquarium, wohl das Beste in Nordamerika. Über 3,8 Millionen Liter Meerwasser beinhalten alle Aquarien zusammen in dieser Anlage.
Beeindruckend ist auch die Größe mancher Becken, dieses z.B. erstreckt sich über 3 Etagen.
Wir sehen u.a. verschiedene Haiarten bis hin zum Hammerhai, gigantische Rochen, Riesenkraken, Thunfische und natürlich die in der ganzen Montereybucht beheimateten Seeotter, eindeutig die Publikumslieblinge.
Martina zeigt sich extrem abgehärtet und macht einen Antarktisausflug im T-Shirt! Mir was´s zu kalt. J
Am faszinierendsten jedoch ist die riesige Quallenabteilung. In unzähligen indirekt beleuchteten Aquarien lassen sich die „Jelly Fish“, so ihr englischer Name, bewundern und bestaunen.
Am nächsten Morgen ist das Wetter leider herbstlich und die geplante Fahrradtour über den „Seventeen Miles Drive“ nach Carmel wird auf den September verschoben und fällt somit in Martinas Zuständigkeit.
Fazit: Wenn man sich in Nordamerika einmal verstecken muß: NIE hinter einem Verkehrsschild!
Reiseroute: