Es ist Februar, wir erreichen Yucatán und sind damit in unserem Zeitplan. Das erste Etappenziel sind die Maya-Tempel von Uxmal. Wir können über Nacht direkt bei den Ruinen stehen und beschließen in die „Abendvorstellung“ zu gehen. Die sogenannte „Light and Sound Show“ beginnt um 19:00 Uhr und dauert 45 Minuten. Obwohl es ein sehr schönes Bild ist, die Bauwerke im bunten Licht zu sehen, hätten 10 Minuten völlig ausgereicht. Danach war jede erdenkliche Farbe einmal dran und wiederholte sich.
Von den vielen amerikanischen Touristen eines Kreuzfahrtschiffes in der Reihe vor uns nickte auch der Letzte nach kurzer Zeit ein J .
Vor dem Besuch der nächsten Ruine brauchen wir Erholung vom „Alte Steine Besichtigungsstreß“ und steuern das Romantic Hotel Santo Domingo in Izamal an. Harald aus Österreich und seine Frau Sonia betreiben dieses schöne, kleine Hotel und weil Harald früher auch mit einem LKW auf Reisen war, hat er ein Herz für alle Gleichgesinnten und so darf man in seinem riesigen Garten campen. Umgeben von einer Herde Schafe, vielen Leguanen und den hauseigenen Hunden genießen wir ein paar „fahrlose“ Tage.
Zusätzlich dürfen wir die kleine Poolanlage benutzen und ergreifen die Gelegenheit, Haralds in Travellerkreisen berühmte Wiener Schnitzel zu testen. Die sind zwar superlecker aber gegen die als Vorspeise servierte Tortillasuppe (Sonias Geheimrezept) kommen sie nicht an.
Tagsüber besichtigen wir das nur 10 Fußminuten entfernte Zentrum von Izamal. Fast alle Gebäude hier im Ort sind gelb gestrichen und so verbreitet sich gerade kurz vor Sonnenuntergang eine besondere Stimmung.
4 Tage sind um und wir werden wieder unruhig. Demnach sind wir wohl gerüstet für die nächsten Ruinen. Chichén Itzá, eine phantastisch restaurierte Mayastadt und immerhin eines der 7 modernen Weltwunder, ruft. Auf dem Weg dorthin halten wir noch bei einer anderen, ganz besonderen Sehenswürdigkeit von Yucatán, einer der vielen Cenoten.
Eine kurze geologische Erklärung:
Die Halbinsel Yucatán besteht fast ausschließlich aus Kalkstein. Durch Auflösung des Gesteins haben sich oft Höhlen mit unterirdischen Wasserläufen gebildet, die zum Teil eingebrochen sind und so entstanden Wasserlöcher, die manchmal bis zum Grundwasser reichen. Angeblich soll es um die 6.000 dieser faszinierenden Formationen geben.
In der Cenote Yokdzonot sind wir ganz für uns allein, gehen schwimmen und lassen die besondere Atmosphäre auf uns wirken.
In Pistè, einem kleinen Städtchen bei der Ruinenanlage von Chichén Itzá übernachten wir mehr schlecht als recht im Vorgarten eine Hotels direkt an der Straße. Dafür sind wir am nächsten Morgen aber in 15 Minuten zu Fuß am Eingang der Anlage. Es ist gerade 8Uhr und wir erleben einmal mehr ein Beispiel für lateinamerikanischen Bürokratismus. Der historisch Interessierte benötigt nicht ein Ticket sondern zwei, 57 Pesos für die archäologische Gesellschaft und 125 Pesos für den Staat Yucatán. Natürlich kann man diese Eintrittskarten nicht am gleichen Schalter kaufen, nein, nein, die Organisatoren bestehen auf ca. 30m räumlicher Trennung, wohl um die Schlangen der Eintrittswilligen besser auseinander halten zu können. Dann erreicht der leicht gestreßte Besucher den eigentlichen Eingang wo, man errät es fast nicht, an getrennten Posten die Tickets kontrolliert werden. Ich sage nie wieder, in Deutschland wäre vieles zu bürokratisch!
Mit Erreichen der ersten Pyramide ist diese Begebenheit aber schon vergessen. Es ist noch völlig leer in der Anlage und wir haben viel Zeit um uns alles in Ruhe anzusehen.
Besonders der Ballspielplatz hat es mir angetan. Hier wurde eine Art Fußball gespielt (sagen die Archäologen) und als Tore dienten große Steinringe, die jeweils hoch an den Begrenzungsmauern des Spielfeldes angebracht sind.
Bei der Höhe der Ringe vermute ich, daß diese Spiele fast immer 0:0 ausgingen, was vielleicht auch gut war, denn wie wir erfahren wurde nach Spielende die unterlegene Mannschaft nicht selten geköpft! Hat damals den Beruf des Profifußballers bestimmt nicht sehr attraktiv gemacht J .
Bei unserem weiteren Rundgang stellen wir entgegen allen Berichten fest, daß die Ureinwohner dieser Stadt nicht ausgestorben sind. Gleich 3 Spezies ließen sich mehr oder weniger bereitwillig fotografieren.
Gegen 10:30Uhr wird es voll. Busladung über Busladung mit Touristen rollt an. Wir haben alles gesehen und machen uns auf den Weg zur Küste, die Flamingos von Rio Lagartos warten.
Auf dem Weg liegt die Cenote Suytun an der man auch campen kann. Wir bleiben für eine Nacht und genießen das Schwimmen in der Tropfsteinhöhle und später im Pool der Erholungsanlage.
Nachmittags um 5Uhr steigen wir noch einmal in die Unterwelt hinab, eine Maya-Band spielt in der Cenote und das möchten wir uns bei der irren Akustik nicht entgehen lassen.
100km nördlich von Valladolid erreichen wir den kleinen Fischerort Rio Lagartos. Etwas außerhalb der Ortschaft gibt es einen kommunalen Erholungspark. Man kann in einer Quelle schwimmen, es gibt Palapas (Sonnenschutzdächer aus Palmwedeln), Picknick Gelegenheiten und Bootsstege. Wir campen kostenlos und frühstücken sozusagen in der Karibik.
Auch am Abend hat dieses Plätzchen einiges zu bieten.
Um uns zu beweisen, daß wir trotz allem nicht im Paradies sind, gibt es jedoch jede Menge Moskitos und noch gemeiner „NoSeeEms“! So heißen diese mikrokleinen Beißfliegen jedenfalls in Kanada. Kleiner als unsere Gewitterwürmchen zu Hause aber Appetit wie ein Vielfraß. So flüchten wir nach 2 Tagen „Nichts tun“ ins Flamingoreservat. Allein die Strecke ist traumhaft, denn immer wieder sehen wir links von uns das karibische Meer und rechts die riesige Lagune.
Obwohl nicht die ideale Jahreszeit (Brutzeit ist von April bis Juni) stakst eine große Menge dieser rötlichen Vögel durch das flache Wasser. Ein paar von ihnen finden uns verdächtig und starten, wobei wir feststellen, daß Flamingos in der Luft viel von ihrer Grazie verlieren und an fliegende Besenstiele erinnern.
Ganz im Gegenteil zu diesem Artgenossen, der gerade erst im Flug seine Grazie entfaltet.
Zurück in Valladolid bleiben wir auf einem öffentlichen Parkplatz direkt in der Stadt. Genau zur richtigen Zeit, denn es ist Karnevalssonntag und heute abend steigt DIE Party rund um den zentralen Platz, den Zócalo. An jeder der 4 Ecken wird gerade eine Bühne aufgebaut und in uns erwacht der Rheinländer. Alaaf und Helau, ja da simmer dabei, dat iss prima!
Die Party beginnt gegen 20:00Uhr und aus jeder Ecke dröhnt eine Live Band wobei der quadratische Platz nur ca. 60mx60m groß ist. Man hört also immer 3 Bands gleichzeitig. Es ist ein unglaubliche Mischung, Gott sei Dank haben sich alle Musiker auf Sambarhythmen geeinigt, sonst wäre es wohl noch chaotischer. Die Stimmung ist ausgelassen und es wird überall getanzt, gesungen und gelacht.
Tina findet sofort einige heißblütige Verehrer
und auch ich fühle mich nach Rio de Janeiro versetzt.
Witziger Weise wird das Straßenviereck um den Zócalo gegen 21:30Uhr für einen Karnevalsumzug benutzt. Immer im Kreis bewegt sich die „Jecken-Karawane“ und tanzt jeweils zum Rhythmus der lautesten Band, wobei es bei einer größeren Truppe schon einmal vorkommt, daß die Spitze schon bei Band „A“ angekommen ist, während das Ende noch nach der Musik von Band „B“ die Hüften schwingt. Dies ist zwar für die Synchronität der Tanzvorführung abträglich, nicht jedoch für den Spaß, den Tänzer und Zuschauer dabei haben.
Nach einem herrlich entspannten Karnevalsabend ohne „Kamelle“, dafür aber auch ohne die vielen in Deutschland bei so einem Anlaß zu beklagenden „Alkoholmißbrauchsopfer“ fahren wir am nächsten Tag zur Cenote Dzitnup. Hier genießen wir noch einmal das Schwimmen in einer Höhle, obwohl wir wie schon öfter im Bundesstaat Yucatán mehr als doppelt soviel Eintritt zahlen müssen wie die Einheimischen.
Unser nächstes Ziel ist gleichzeitig auch das Urlaubsziel von bis zu 5 Millionen anderen Touristen pro Jahr; die Stadt Cancun. Es gibt hier nur einen Übernachtungsplatz und in unserer „The Best of“ Liste für mexikanische Campingplätze belegt er sicher keinen Spitzenrang. Vielleicht machen wir doch Hotelurlaub? Jedenfalls schauen wir uns die supertollen Resorts und Strände von Cancun bei einer Radtour einmal an. Der Sand ist feiner und weißer und das Wasser hat eine Farbe, die wir so noch nie gesehen haben.
Von der Neugier gepackt verankern wir unsere Fahrräder diebstahlsicher an einer Laterne und betreten völlig falsch gekleidet aber mit dem breitesten „Gringo-Lächeln“ das edelste Hotel welches wir finden konnten.
In der Lobby fallen wir nicht auf, der Durchschnitt aller hier abgestiegenen US-Amerikaner übertrifft unser Outfit mit bunten Bermuda Shorts, Ringelsocken in braunen Sandalen und mit T-Shirts bedruckt mit „Mamas Finest“ bei weitem. Oder sind die wie wir auch nur alle zum schauen hier?
Auch die Außenanlagen lassen keine Wünsche offen……
….der Preis pro Zimmer dafür um so mehr! Gut, streichen wir die Idee mit dem Hotelurlaub wieder, suchen uns ein einsames Stück Strand und öffnen ein gut gekühltes Fläschchen Freixenet.
Wir haben Grund zu feiern, denn heute sind wir genau 1000 Tage unterwegs.
70km von Cancun entfernt in Xpu-Ha an der Riviera de Maya liegt mit dem Campingplatz Bonanza unser nächstes Ziel. Der Platz liegt an einem traumhaften Strand und wir lernen Sonja und Klaus kennen, die schon seit 3 Monaten mit ihrem Mercedes Baujahr 1965 Wohnmobil! hier stehen.
In direkter Nachbarschaft gab es einmal eine sehr schöne Ferienanlage von „Club Robinson“. Leider haben die Hurrikane Wilma und Emily hier 2005 extrem gewütet und danach ist das Resort nie wieder in Betrieb genommen worden. Es hat aber einen besonderen Reiz, durch die verlassenen Anlagen zu schlendern und sich vorzustellen, wie es hier in der Hauptsaison wohl ausgesehen hat.
Jetzt haben sich Tausende von Leguanen das Gelände zurückerobert und Vögel nisten in der Disco und im Theater.
Eine gute Woche bleiben wir auf dem Campingplatz, machen Urlaub und abends grillen wir mit Sonja und Klaus. Tagsüber sind wir faul, gehen viel schwimmen und machen lange Strandspaziergänge.
Am Samstag wir das deutsche Camp aufgelöst. Sonja und Klaus wollen direkt nach Belize und unser Plan führt uns nach Tulum, einer Ruinenanlage der Mayas direkt an der Karibik. Wir finden einen schönen Übernachtungsplatz bei einem Strandrestaurant etwa einen Kilometer südlich der Pyramiden, so daß wir am nächsten Morgen zu den ersten Besuchern zählen.
Schön liegen die alten Gebäude direkt oberhalb des feinen Sandstrandes, aber leider ist alles abgesperrt und man darf nirgendwo mehr hinauf kraxeln. Schade, aber die eigentlichen Herren der Anlage, die Leguane, sind heute besonders fotogen und überhaupt nicht schreckhaft.
Auf einen Tip von Sandra und Peter sowie Simone und Olaf hin, fahren wir unterhalb von Tulum in die Reserva Biosfera Sian Ka`an. Hier gibt es nach 10 km schlechter Piste eine traumhafte Stelle, um einsam und wild am karibischen Strand zu campen. Wir richten uns ein und bleiben mindestens für den Rest des Februars. Unsere neue Hängematte und das türkisfarbene Wasser haben eine unglaubliche Anziehungskraft.
Fazit: „Bacardi-Feeling“ ist auch ganz ohne weißen Rum machbar!
Reiseroute: