Eine Reise durch Amerika über 2508 Tage, über 140.000 km, nach Verbrauch von 32.000 l Diesel und 224 l Motoröl.
Der unmögliche Versuch einer Zusammenfassung aus 2 Blickwinkeln.
Martina:
Alles ist anders oder dann doch wieder nicht?
Eingetauscht habe ich eine Wohnung gegen 8m² Lebensraum, feste Arbeitszeiten gegen „was mache ich heute“, intensive weibliche Gesprächspartner und Freunde gegen einen ständig anwesenden Mann, immer einen sicheren Schlafplatz gegen laute Parkplätze, Privatsphäre gegen selbst mit MANni zur Touristenattraktion zu werden, perfektes Badezimmer gegen eine 1m² Naßzelle, Waschmaschine gegen Eimer, Spülmaschine gegen Gummihandschuhe, Haribos gegen klebrige Karamellbonbons, Vollkornbrot gegen pappiges Weißbrot, schöne Ringe gegen nackte Hände, schicke Frisur gegen Wildwuchs, modische Kleidung gegen bunte Billig-T Shirts und Konzerte gegen Gitarrenmucke made bei Lothar.
Das ganz, ganz große Aber:
Bekommen habe ich 7 Jahre die Freiheit zu entscheiden: bleiben oder fahren, die größte Terrasse der Welt, die Chance unglaubliche Natur zu bewundern, Tiere unfassbar nahe zu sehen und zu spüren, Verweilplätze die unbedingt Gänsehaut verursachten, Lagerfeuer mit Gitarrenmusik bis weit nach Mitternacht, Sonnenuntergänge ohne Ende, Menschen kennen zu lernen die nicht danach fragten „Was bekomme ich zurück?“, Hundeangst gegen ein mehrfach verlorenes Herz an liebenswerte Straßenhunde eingetauscht. Neue intensive Freundschaften geschlossen deren Abschiede immer sehr weh taten, das Gefühl so reich zu sein weil ausreichend sauberes Trinkwasser sowie eine Dusche und eine Toilette an Bord sind. Das Glück zu erkennen, dass wir in einem Land wie Deutschland geboren sind und damit das Privileg einer guten Ausbildung und die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben haben. Ebenso gezeigt bekommen, dass ein glückliches Leben oft unabhängig von Luxus ist.
Mein Fazit, der Tausch ist mehr als gelungen.
Lothar:
2508 Tage, das sind fast genau 7 Jahre, waren wir in den Amerikas unterwegs. Das sind 7 Jahre Urlaub, 7 Jahre jeden Tag touristische Highlights, 7 Jahre Sonnenschein, 7 Jahre täglich inspirierende und interessante neue Bekanntschaften und 7 Jahre jeden Abend Caipirinha am Pool.
Nein, ganz so war es sicher nicht.
7 Jahre jeden Tag schrauben an MANni, 7 Jahre jeden Tag nur langweilige Pampa mit Mosquito-Terror, 7 Jahre Dauerregen, 7 Jahre nur nervende Mitmenschen und 7 Jahre nur dünnen Früchtetee.
Nein, so war es ganz sicher auch nicht.
Die Wahrheit liegt wie so oft dazwischen. Nur eines ist sicher, es ist ganz anders als zu Hause bleiben.
Die alltäglichen Dinge, die daheim automatisch ablaufen brauchen unterwegs viel Zeit. Supermarkt suchen, und sich darin zurecht finden, in jedem Land, manchmal in jeder Stadt ein ganz anderes Angebot, was ist günstig, was nicht …. Fragen die sich zu Hause nicht stellen da das Angebot bekannt ist. Wäsche waschen, wer hat nicht zu Hause seinen Vollautomaten stehen, meist mit Trockner. Bettwäsche in einem Putzeimer waschen? Was sonst, wenn es im Umkreis von Hunderten Kilometern keinen Waschsalon gibt. Jeden Tag fließendes Wasser? Ja, aber nach 15 Tagen spätestens sind die Tanks leer und die „Wo können wir auffüllen“ Suchaktion beginnt. Das andere Ende der Versorgungskette. Wo lässt man den Inhalt des Toilettentanks. Abziehen und Deckel zu funktioniert nur 3 Tage, dann ist VOLL. Mal eben Freunde anrufen weil ich jemand Anderen zum reden brauche als die immer noch! geliebte Tina, geht nicht. Vielleicht `ne E-Mail wenn zufällig ein WLAN Netz zur Verfügung steht. Auto muckt! Kurz den ADAC gerufen? a. kein ADAC und b. kein Telefonnetz. Also Ärmel hochkrempeln und selber ran.
Aber:
Jeden Abend derselbe, schnell langweilig werdende Blick aus dem gleichen Fenster? Nein, wir durften in atemberaubenden Landschaften stehen und die Natur genießen. Mit vielen anderen meist schlechtgelaunten Mitmenschen jeden Morgen im Bus oder im Stau auf dem Weg zur Arbeit? Nein, entspannt mit dem Schatz nach dem Frühstück von A nach B gerollt, im Schnitt nur 60 km am Tag. Und viele andere Menschen haben wir kennen lernen dürfen. Einheimische und Reisende. Fast immer waren das besonders intensive Zeiten, gefolgt von einem Abschied. Manchmal nur für Tage oder Wochen, manchmal für sehr lange Zeit und viel zu oft auch endgültig. Wenn ich überhaupt etwas auf dieser Reise hassen gelernt habe, dann sind es Abschiede. Aber, das gehört wohl dazu.
Mein Fazit: Vielleicht nicht die schönsten, aber die intensivsten 7 Jahre meines Lebens!
Wir beide:
Und Demut haben wir kennen gelernt. Wenn wir wieder einmal von Einheimischen, bei denen es gerade selbst zum Sattwerden reicht, zum Essen eingeladen wurden, unter dem sternenklaren Himmel Patagoniens campierten oder nachts um 3 in Kanada Nordlichter beobachteten, beim hautnahen Kontakt zu Walen in Argentinien oder Büffelherden in Alaska usw. usw..
So werden wir sicher nicht als bessere, aber als veränderte Menschen nach Europa zurückkehren und hoffen, dass ein wenig davon für immer bleibt.
Jetzt, zum endgültigen Ende dieser Reise möchten wir uns noch einmal bedanken. Bei euch allen, die ihr hier so fleißig gelesen, kommentiert und uns somit begleitet habt. Es war über die 7 Jahre wirklich IMMER eine Freude für euch zu schreiben. Und möglicherweise treffen wir ja den ein oder anderen von Euch einmal irgendwo in Europa. Wenn nicht, die Blogadresse http://crosseuropa.wordpress.com ist schon gesichert und sobald wir ein neues, europafreundliches Reisegefährt haben geht es wieder los. Versprochen!
Insbesondere danken wir unseren Freunden zu Hause. Ralf für 7 Jahre „das Home-Office“, Stefan für die immer prompte Ersatzteilverschickung, Henning für die Hilfe bei der Reifenverschiffung, Daniela für das Annehmen und Weiterleiten von Paketen, Uta für die medizinische Unterstützung sowie Susi und Ruedi, Roland, Reto, Moni und Gerd für den Rücktransport unseres Hab und Gutes über den Ozean und allen anderen fürs „Uns nicht vergessen“!
Eure „Crossamerikas“
Martina, Lothar, die ganze Crew und natürlich MANni, von dem es ja vielleicht bald in einem anderen Blog Neues zu lesen geben wird.